Abpfiff

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

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Abpfiff

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

Nun, da Sommerpause herrscht und kein Parlamentsbetrieb in Berlin, wird Angela Merkel lesen können, was vom Herbst an über sie geschrieben werden könnte – zu finden derzeit in den Sportteilen der Zeitungen: zu lange amtiert, angesichts und wegen des größten, nicht wiederholbaren Erfolges nicht rechtzeitig aufgehört, bei nachfolgenden Krisen das Personal nicht ausgewechselt und das eigene Team in einem kläglichen Zustand hinterlassen zu haben. Höhepunkte von einst geraten schnell in Vergessenheit und werden erst Jahre später – im Sinne von „Das waren noch Zeiten“ – verklärt. Nicht nur der Boulevard lebt vom „Hosianna“ und vom „Kreuzige ihn“. Wie im Sport, so in der Politik.

Ob sich am Freitag Königin Elisabeth II. und die Kanzlerin auch über das austauschten, was sich diese Woche im Wembley-Stadion ereignete? Voller Nach- und Vorsicht? Fachfrauen sind sie beide. 1966 war die Queen dabei und gratulierte strahlend Siegern wie Verlierern. Auch 1996 war sie vor Ort in Wembley, als das Spiel nicht durch ein drittes Tor, sondern durch Elfmeterschießen entschieden wurde, dieses Mal zu Lasten der Engländer. Und doch strahlte die Königin. Arme-Hochreißen-Fotos aber sind nicht zu finden. Besuche des Königshauses in Umkleidekabinen von Spielern waren erst recht nicht vorgesehen, wie sie seitens deutscher Kanzler (beginnend mit Helmut Kohl, endend mit Merkel) in Mode kamen.

Die Stille nach dem (Müller-)Schuss

Freilich: Das ist nun auch schon länger her, und jetzt, beim vorerst letzten Akt in Wembley, war es für die deutsche Politik nicht tunlich, dort zu erscheinen. Coronabedingt wäre nicht einmal der Kanzlerin eine Sondergenehmigung verziehen worden, wo doch die Fans daheimbleiben mussten. Die Hetzer bei Twitter hatten schon die Messer gewetzt.

Angela Merkel und Jogi Löw schätzen einander. Viele Treffen gab es, auch mit Spielern, auch zu Fragen der Politik. 2018 etwa zu Russland, Krim und Ukraine. Vor seinem letzten Turnier empfing die Kanzlerin den Trainer. Zwei bald Ehemalige tauschten sich aus, er nach 15, sie nach 16 Jahren. „Wir finden beide, dass es jetzt ein guter Zeitpunkt ist, Abschied zu nehmen“, berichtete Löw der Zeit. Vom Wechselbad der Gefühle auch. „Ich habe mir natürlich so etwas wie einen Panzer zugelegt.“ Doch Löw erzählte nicht bloß von sich. „Wir haben auch darüber gesprochen, dass nach so einer intensiven Zeit wahrscheinlich eine gewisse Leere auf uns zukommt.“

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