Die Zukunft der Verfassung

Editorial des Verlegers

06
02
06
02

Die Zukunft der Verfassung

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

Thomas de Maizière sagt es mit aller Bestimmtheit in diesem Hauptstadtbrief: Deutschland braucht ein neues Katastrophenschutz­gesetz – und dafür wäre auch eine Änderung des Grundgesetzes notwendig und richtig. Pandemie und Flut, Föderalismus und Staatsreform, aktuelle und strukturelle Baustellen: Der zweimalige Bundesinnenminister entwirft in seinem Beitrag in sachlichem Ton, aber inhaltlicher Deutlichkeit ein Erneuerungsprogramm, das auf den ersten Blick verwaltungstechnisch anmutet, aber sehr viel mit der Lebenswirklichkeit im Land zu tun hat.

„Never let a serious crisis go to waste“, sagte Rahm Emanuel, Stabschef von Barack Obama zu Beginn dessen Präsidentschaft 2009 – eine ernste Krise sollte nicht ungenutzt bleiben. Mit dem Zitat ist allerhand Schindluder betrieben worden, dabei ging es Emanuel darum, angesichts der großen Finanzkrise bessere finanzpolitische Schutzvorkehrungen, vor allem gegen die Lobbymacht der Wall Street, durchzusetzen, was dann nur teilweise gelang. Aber der Gedanke, im Zuge gefährlicher Krisen und Katastrophen Staat und Verwaltung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu befähigen, bleibt eine so notwendige wie ehrenwerte Aufgabe. Sie steht erst am Anfang – der Impuls Thomas de Maizières darf gerne als Auftakt betrachtet werden, auch für uns, die Debatte darüber zu befördern.

Im zweiten Beitrag dieser Ausgabe hat sich der Politikwissenschaftler Eckhard Jesse Gedanken über die Ergebnisse der Bundestagswahl im Herbst 2021 gemacht – er konnte dazu vorab die Daten der amtlichen Wahlstatistik einsehen. Harte Zahlen, wenn man so will, keine spekulativen Algorithmen, Selektionsverzerrungen oder Small-Area-Methoden, wie sie gerade im Streit verschiedener Umfrageinstitute für Aufregung sorgen. Jesse vermag es, eine ganze Reihe von Trends und Entwicklungen im Wahlverhalten aufzuzeigen, eine erhellende Lektüre über die politischen Wirklichkeiten in Deutschland.

Günter Bannas zeichnet in seiner Kolumne Aus dem Bannaskreis mit feinem Gespür die vorsichtig erkennbaren außenpolitischen Bruchlinien und parteipolitischen Dynamiken der Ampel-Regierung nach. Der Anlass könnte zudem nicht brisanter sein: Welche Linie schlägt die Bundesregierung im sich bedrohlich zuspitzenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ein?

Inge Kloepfer wirft ihren Zweiten Blick auf eine kleine katholische Gemeinde im bayerischen Ramersdorf-Perlach – und spürt von dort aus Merkwürdigkeiten im Rechtsstatus der Kirche nach.

Lutz Lichtenberger erinnert zum Auftakt des Sportspektakels in Beijing an einige Besonderheiten der Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen. Wie der große Publizist Johannes Gross einst sagte: Verglichen werde, um Unterschiede festzustellen.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche

Ihr Detlef Prinz

Weitere Artikel dieser Ausgabe