Ein Königreich für – (auf juristischen Rat hin unkenntlich gemacht)

Kolumne | Auf den Zweiten Blick

19
12
19
12

Ein Königreich für – (auf juristischen Rat hin unkenntlich gemacht)

Kolumne | Auf den Zweiten Blick

Über das Haus Hohenzollern zu schreiben, ist nicht ganz ungefährlich: Ein falsches Wort in der schier endlosen Debatte um die Vermögensrückforderungen der schwerreichen Adels-Familie genügt, damit einem das Familienoberhaupt mit Anwälten zu Leibe rückt. Und das offenbar derart ruppig, dass der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands sich genötigt sah, die gesamten Klage-Aktivitäten der Familie, vor allem des so klagefreudigen Georg Friedrich Prinz von Preußen, gegen Medien, Politik und vor allem die Wissenschaft auf einer eigenen Webseite zu dokumentieren.

Die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten ist erschreckend. Bemerkenswert aber: Unlängst ist der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers vor dem Landgericht Berlin mit einem Abmahnverfahren gegen die brandenburgische Linke und die Volksinitiative „Keine Geschenke den Hohenzollern“ gescheitert.

Die Selbstwahrnehmung des Prinzen ist freilich eine andere. Er will ja keine Geschenke, sondern das, was der Familie angeblich gehört. Auf der Homepage beschreibt er sich denn auch nicht als notorischen Streithansel, sondern als weltoffenen Wohltäter, der seine Burg für Hunderttausende Besucher aufsperrt und sie benachteiligten Kindern als Feriendomizil zur Verfügung stellt. Mehr noch: der seine private Prinzeninsel im Großen Plöner See der Öffentlichkeit ebenso zugänglich macht wie Teile seiner privaten Kunstsammlung in Einrichtungen der Stiftungen Preußischer Kulturbesitz und Preußische Schlösser und Gärten. Sogar sein Engagement in der schwierigen Eigentumsfrage im Zusammenhang mit 15 000 Kunstschätzen legt er zu seinem Vorteil aus: Dort sei er zu einer außergerichtlichen Lösung und erheblichen Zugeständnissen gegenüber der Bundesrepublik bereit. Das allerdings insinuiert sein Rechtsverständnis: Tausende von Kunstwerken, die seine Urgroßeltern Wilhelm und Cecilie mit ihren Kindern 1945 auf ihrer Flucht in den Westen zurückließen, gehörten eigentlich der Familie und nicht dem Staat. Juristisch geklärt ist diese Frage aber nicht.

Genau an dieser Stelle wäre man wieder beim Anfang dieses Beitrags: der nimmer endenden Debatte darüber, was die Hohenzollern alles zurückbekommen müssten. Seit 2013 streitet die Familie mit dem Bund sowie den Ländern Berlin und Brandenburg ja nicht nur über die Kunstschätze, sondern auch über Wohnrechte auf verschiedenen Schlössern und Zahlungen in Millionenhöhe.

Faszinierend ist die Geschichte der Hohenzollern allemal, besonders beliebt aber ist dieser Clan beileibe nicht. Warum auch? Der Sohn des letzten Kaisers Deutschlands war nach historischer Forschung wohl ein glühender Unterstützer der Nazis, was Rückgaben oder Entschädigungen so oder so im Wege stünde. Und seine Nachfahren sind in Besitz- und Geldangelegenheiten nimmersatt. Georg Friedrich könnte all das mit einem Federstrich beenden und die Rückforderungen zurückziehen. Er könnte auch einmal neu darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn eine Familie Teil der glanzvollen und auch der dunklen Geschichte Deutschland ist. Wäre der Prinz tatsächlich so geschichtsbewusst, wie er sich auf der Familien-Homepage präsentiert, dann hätte er das alles längst getan.

Weitere Artikel dieser Ausgabe