Was tun?

Editorial des Verlegers

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Was tun?

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

auf dem Papier ist die Pandemie ja gerade für beendet erklärt worden, in der Wirklichkeit betreibt sie gleichwohl noch immer ihr Unwesen und sorgt für Krankheit, Langzeitfolgen und noch immer in erschreckender Zahl für Todesfälle.

Zwei Jahre Corona haben aber noch mehr Schäden angerichtet, die nichts mit der Beschaffenheit des Virus direkt zu tun haben. Sabine Rennefanz beschreibt im Gespräch mit dem Hauptstadtbrief in dieser Ausgabe, wie besonders Mütter und Kinder unter den unguten Dynamiken gelitten haben und leiden – oder andersherum, in welchem Ausmaße besonders Frauen dafür gesorgt haben, dass Familien, Krankenhäuser und Pflegeheime am Laufen gehalten werden konnten.

Rennefanz, langjährige Autorin der Berliner Zeitung und Theodor-Wolff-Preisträgerin, hat ein kluges, sachlich argumentierendes, ja, wegweisendes Buch zum Thema geschrieben, „Frauen und Kinder zuletzt. Wie Krisen gesellschaftliche Gerechtigkeit herausfordern“, das vergangene Woche im Ch. Links Verlag erschienen ist. Bei der Vorstellung des Buches vor wenigen Tagen in Berlin saßen sehr viele immer wieder kopfnickende Frauen im Publikum. Zugleich ist Rennefanz’ Essay, Reportage, Analyse nicht weniger an Männer gerichtet, die noch immer allzu vorschnell freundlich nicken, sie wüssten doch eigentlich schon Bescheid – und sich dann nicht weiter in der Sache mit den tatsächlichen gesellschaftlichen Schieflagen auseinandersetzen. Ihnen allen sei das Interview und das Buch wärmstens ans Herz gelegt.

Anselm Bühling erzählt in seinem Beitrag für den HSB von der schwierigen Lage, um es vorsichtig auszudrücken, in der sich viele Russinnen und Russen derzeit befinden, die ganz und gar nicht Putins Krieg in der Ukraine gutheißen. Was können sie tun? Sollten sie tun? Wie kann es weitergehen? Bühling, der unter anderem Bücher der New Yorker-Stars Masha Gessen und Joshua Yaffa übersetzt hat, fragt aber auch nach deutscher Verantwortung und Handlungsspielräumen. Ein eindringlicher und bewegender Text.

Günter Bannas setzt noch einmal Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder in die Mitte seines Bannaskreises und erinnert aus gegebenem Anlass an Aufstieg und Fall zweier ehemaliger SPD-Granden, mehrere Jahrzehnte verdichtete bundesrepublikanische Politikgeschichte.

Anne Wizorek zeigt in ihrer Direktnachricht die dunkle Propaganda Putins gegen Europa und den Westen auf, die sich immer wieder gegen Frauen- und LGBTQI+-Rechte ausspricht – damit tatsächlich aber die Freiheitsrechte eines liberalen Gesellschaftsmodells im Visier hat, eine Sache, die uns alle angeht.

Im Postskriptum wundert sich Lutz Lichtenberger über die vermeintlich untypischen jüngsten Großsprechereien Olaf Scholz’.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche

Ihr Detlef Prinz

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