Aló Presidente

Postskriptum

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Aló Presidente

Postskriptum

Die vermeintlich beruhigende Pointe der Herrenmenschenattitüde der Donald Trumps dieser Welt ist, dass ihre Vertreter so tief in das brutalistisch-hierarchische Denken verstrickt sind, dass sie zwar den Kommandoton pflegen, aber sich instinktiv fragen, wer denn ihr Boss sei.

Für eben jenen abgewählten US-Präsidenten waren das Wladimir Putin (ein Thema für sich) – und Rupert Murdoch, Chef des News Corp, zu der auch der Propagandakanal Fox News in den USA gehört. Ohne die unablässige Aufpeitschung durch Fox News wäre Trump 2016 nicht zum Präsidenten gewählt geworden. Eine Tatsache, die auch Trump stets bewusst war, umso mehr bemühte er sich stets, zur Not auch hinreichend kriecherisch, um Murdochs Wohlgefallen.

Noch steht Murdochs Unternehmen, aber das ganze Kartenhaus aus Hetze, Lügen und Irrsinn ist in der vergangenen Woche zusammen­gebrochen. In der Wahlnacht am 3. November 2020 hatte der Sender als Erster Joe Bidens Sieg im Bundesstaat Arizona verkündet – damit war de facto klar, dass Biden der nächste Präsident sein würde. Es war der Moment, als die irren Fake News, die Fox News vier Jahre lang dummdreist versendet hatte, nicht mehr fortzusetzen waren. Der Sender hatte seinem Publikum einen Sieg Trumps versprochen, hatte dafür alles aufgeboten und dafür gekämpft. Jetzt war das Ergebnis da, ihr Mann hatte verloren, der Zirkus war vorbei.

Tatsächlich schaltete ein Großteil der Zuschauer aber in jenem Augenblick aus. Sie wollten von der Wirklichkeit, die nicht mit dem eingefleischten Schema übereinstimmte, nichts wissen. Bei Fox News brach daraufhin, wie den gerade veröffentlichten Anhörungs­protokollen aus einem Gerichtsverfahren gegen den Sender zu entnehmen ist, Panik aus. Die Stars des Senders, tatsächlich eher viertelseidene Gestalten, wie Jeanine Pirro, Maria Bartiromo und Sean Hannity, klagten, dass es dem Sender schade, die Wahrheit zu sagen. Kein Witz! Die Zuschauer sähen sich nach anderen Sendungen um, in denen die Nachrichten eher ihrem Geschmack entsprächen. Und so erfand Fox News jene haarsträubenden Theorien über manipulierte Wählmaschinen – verantwortlich dafür war übrigens kein anderer als Hugo Chávez, der einstige Präsident Venezuelas, der zwar bereits 2013 starb, aber offensichtlich vorgesorgt hatte. Vorgeblich wohlgemerkt.

Rupert Murdoch gestand nun unter Eid ein, dass er Trumps Behauptungen – und die seines eigenen Senders – selbst für Nonsens hielt. Fox News sendet gleichwohl unverdrossen weiter, denn dem Sender – und der internationalen Vulgärrechten – ging und geht es nicht um Nachrichten, Sachverhalte, Tatsachen, sondern um Identitätspolitik. Identitätspolitik wird gern von rechts polemisch als unlautere Idee angeprangert, als ein nicht statthaftes Aufbegehren und Anmelden von nicht legitimen Ansprüchen. Tatsächlich handelt es sich viel häufiger um die Verteidigung eines Herrenmenschenideals und einer Platzhirschmentalität, die den Bezug zur Wirklichkeit verloren hat.

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