Selbst

Editorial des Verlegers

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Selbst

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

ohne Umschweife, Claus Leggewie hat für diesen Hauptstadtbrief am Samstag eine gestochen scharfe, ja, meiner Ansicht nach brillante Analyse der derzeitigen Debatte über den Umgang mit und den Zustand der AfD vorgelegt.

Der Ludwig-Börne-Professor der Universität Gießen erinnert an die Parteiverbotsverfahren der 1950er-Jahre, deutet die internen Konflikte der AfD zwischen denen, die sich moderat zu geben versuchen, und jenen, die letzte Hemmungen über Bord werfen, zeigt, welche Schwierigkeiten die Partei hat, dem „politischen Amoklauf in Gestalt einer unstrukturierten Bewegung“ von Coronaleugnern hinterherzulaufen – und legt schließlich dar, welch kontraproduktive Folgen ein Verbotsverfahren haben dürfte.

Die Botschaft ist eindeutig: Kein Geheimdienst oder Gericht kann die Auseinandersetzung mit der AfD führen. Das muss die Demokratie, das müssen wir alle schon selbst tun.

Man kann Leggewies luziden Leitartikel im besten Sinne nur jeder Leserin und jedem Leser ans Herz legen.

Im zweiten Beitrag dieses Hauptstadtbriefs macht Henning Hoff in verwandtem Sinne weiter. Der Editor-at-Large der Zeitschrift Internationale Politik beschreibt die erschreckend willfährige Unterstützung der US-Republikaner für den abgewählten Präsidenten Donald Trump, der nicht nur abstruse Behauptungen streut und kriminelle Ex-Mitarbeiter begnadigt, sondern auch noch dubiose Spendenaufrufe absondert, mit denen er das Ergebnis der Wahl anfechten will. (Tatsächlich steht im Kleingedruckten, dass alle Spenden unter 8000 Dollar (!) nicht dafür verwendet werden müssen, sondern an diverse Komitees gehen, bei denen sich Trump mehr oder minder frei bedienen kann.)

„Das verheißt nichts Gutes“, schreibt Hoff, „für die amerikanische Innenpolitik und den Handlungsspielraum der Biden-Regierung in einem womöglich weiterhin von den Republikanern beherrschten Senat, aber auch für die US-Außenpolitik.“ Das faulige Erbe des scheidenden Präsidenten wird nicht nur die USA noch lange beschäftigen.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich – bis morgen

Ihr Detlef Prinz

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