Hinkriegen

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

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Hinkriegen

Kolumne | Aus dem Bannaskreis

Am Anfang war Gerhard Schröders „Wir müssen die Kirche doch mal im Dorf lassen“. Einen „eindeutigen Verlierer“ gäbe es, Angela Merkel nämlich. „Niemand außer mir kann eine stabile Regierung bilden.“ Er, Schröder, wer denn sonst. Merkel werde keine Koalition hinkriegen, mit der SPD schon gar nicht. Am 18. September 2005, dem Abend der Bundestagswahl, war das. Alles kam anders, was manche sogar auf Schröders krawalligen und von diesem später selbst als „suboptimal“ empfundenen Fernsehauftritt zurückführten, weil der innerhalb der Unionsparteien zur Solidarisierung mit der CDU-Vorsitzenden geführt habe, die schließlich eines der schlechtesten Abschneiden ihrer Partei zu verantworten hatte. Knapp zehn Wochen später, heute vor 15 Jahren, wurde Merkel von einer Großen Koalition im Bundestag zur Regierungschefin gewählt. Der Start war holprig. Noch vor der Regierungsbildung trat Franz Müntefering wegen innerparteilicher Personalquerelen vom Amt des SPD-Vorsitzenden zurück. Edmund Stoiber, der CSU-Vorsitzende, entschied sich entgegen vorheriger Absicht, lieber Ministerpräsident in Bayern zu bleiben, als in ein Kabinett Merkel einzutreten. Bei ihrer Wahl im Bundestag erhielt Merkel 397 von 611 Stimmen – 51 weniger, als Union und SPD hatten. Es begann eine Ära.

Während ihrer Zeit als Kanzlerin hatte sie – bisher – mit 13 SPD-Vorsitzenden zu tun, die „kommissarischen“ eingerechnet. Anders als ihre Vorgänger führte Merkel verschiedenfarbige Koalitionen – mit SPD und FDP, und an ihr lag es nicht, dass ein Bündnis mit den Grünen scheiterte. Womöglich war das deren Glück. Den Koalitionspartnern bekam das Bündnis mit Merkel nicht. Die SPD sackte ab. Die FDP schied sogar zwischenzeitlich aus dem Bundestag aus. Welche Wünsche ihre Partner auch immer erfüllt bekamen – Beispiele: SPD/Mindestlöhne, FDP/Aussetzung der Wehrpflicht: Den politischen Nutzen hatte Merkel. Als „Schwarze Witwe“, die ihre Opfer umspinnt und anschließend verzehrt? Selbst ihre dreifache Wende in der Atompolitik (Festhalten an Schröders Atomkonsens, Verlängerung der Laufzeiten, Ausstieg) überstand sie. Die Umwälzungen im Parteiensystem bewältigte sie – situationsbedingt, wie es Koalitionspartner und die Verhältnisse im Bundesrat erforderten – mit einer schwarz-rot-grün-gelben Kompromisspolitik. Sie werde nicht mehr antreten, hat Merkel angekündigt. Weggefährten versichern, dabei werde und müsse es bleiben.

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