In der Stille

Editorial des Verlegers

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In der Stille

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

nun hat Twitter ihm (endlich) den Saft abgedreht.

Keine Frage, über die medienphilosophischen Implikationen kann man gut streiten und Skepsis anmelden, auch wenn man keine heimlichen Sympathien für Donald Trump hegt.

Aber für einen geschützten Augenblick sollten wir uns auch einfach freuen, dass das oft gefährliche, aber immer zu laute Gequassel ein Ende hat – wissen wir doch dank Robert Gernhardt um des Herrn „Elftes Gebot“: Du sollst nicht lärmen.

Zurück zur Sache. Für diesen Hauptstadtbrief am Samstag hat uns der so angenehm gelehrte und erfrischend kreative Germanist Albrecht Koschorke eine Analyse eben jener sogenannten sozialen Medien gesandt, die mit historischer Tiefenschärfe erklärt, wie alt und zugleich aktuell die Debatte über Twitter, Facebook, TikTok und Co. ist.

„Die sogenannten sozialen Medien halten sich zugute, die Teilhabe am politischen Geschehen zu demokratisieren. Sie senken die Hürde für eine Mitwirkung am öffentlichen Diskurs durch Personen und Schichten, die in der kuratierten Öffentlichkeit der klassischen Medien zu keiner eigenen Stimme gelangten“, schreibt der in Konstanz lehrende Koschorke. Aber das ist nur die Sonnenseite und längst ins Marketingsprech der Internetmonopolisten eingegangen. „Don’t be evil“ und „Sharing is caring“ – das waren tatsächlich einst ihre mit ernster Miene vorgetragenen Mottos.

Koschorke kommt nach seinem elegant knappen historischen Exkurs wieder in der Gegenwart an, den „oft radikalisierten Meinungskartellen, die in der durch den Medienpluralismus entfesselten Konkurrenz um Aufmerksamkeit zu immer größerer Militanz neigen“. Und er stellt die Frage, die über Trump und Twitter hinausweist, nämlich nach der Erfordernis, „einen Ersatz für die normwahrenden Instanzen der vorhergehenden Diskursordnung zu finden“.

Im zweiten Beitrag dieses Hauptstadtbriefs seziert Frank Decker in seinem Doppelportrait die FDP und die Linkspartei – welche Rollen kommen ihnen im Superwahljahr zu? Können sie sich wider Erwarten nach der Bundestagswahl im September für die Bildung einer Koalition ins Spiel bringen? Der Bonner Politologe bereitet uns bestens auf das Superwahljahr und auf seine heute noch unwahrscheinlich anmutenden Eventualitäten vor.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich – bis morgen

Ihr Detlef Prinz

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