Milchjungenrechnung

Postskriptum

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Postskriptum

Der republikanische Kongressabgeordnete mit dem schönen Namen Barry Loudermilk aus Georgia hatte im Frühjahr dieses Jahres einen plötzlichen detektivistischen Eifer entwickelt.

Er und andere republikanische Abgeordnete seien den unerhörten Vorwürfen nachgegangen, dass angeblich mehrere Besuchergruppen am 5. Januar 2021 (pandemiebedingt zu der Zeit an sich verboten) – einen Tag vor dem Sturm auf das Kapitol in Washington, dem Putschversuch der Anhänger Donald Trumps – durch die verschlungenen Gänge des riesigen Gebäudekomplexes geführt wurden.

In den Tagen nach dem Angriff ließ sich anhand der Kameraaufnahmen gut nachvollziehen, dass die Eindringlinge offensichtlich sehr gut Bescheid wussten, wo sich etwa die unmarkierten Räume Nancy Pelosis, Feindbild Nr. 1 der rechten Horden, befanden.

Loudermilk und die Seinen seien der Sache aber nun penibel auf den Grund gegangen, hätten sämtliche Sicherheitsaufnahmen, ja, jede Sekunde, vom 5. Januar überprüft und könnten der Öffentlichkeit versichern, es sei alles ein großer nothingburger, es habe keine Touren durch das Kapitol gegeben, niemand sei dort gewesen, niemand habe rote MAGA-Schildkappen – kurz für Donald Trumps Slogan Make America Great Again – getragen.

Die Beschreibungen Mikie Sherrills, der demokratischen Abgeordneten, ehemaligen Hubschrauberpilotin der US Navy und allem Bohai abholden in Georgetown ausgebildeten Juristin, seien reiner Quatsch. Loudermilk ging so weit, eine offizielle Beschwerde gegen Sherrill einzureichen, in der er sie beschuldigt, die eigentliche Kriminelle zu sein, da sie so dreist gewesen sei, zu behaupten, es habe Besucherführungen von Mitgliedern des Kongresses am 5. Januar gegeben. Wie könne sie es wagen.

Nun hat der Jan 6-Untersuchungsausschuss eine Vorladung an den Mann mit dem klangvollen Namen gesandt, es gebe da Gesprächsbedarf – über bestimmte Besuchertouren am 5. Januar. Loudermilk gestand daraufhin ein, selbst Touren geführt zu haben. Dann sagte er, er werde unfairerweise nur deswegen befragt, weil die Teilnehmer der Tour rote Schildkappen getragen hätten. Und dann sprach sich Donald Trump für Loudermilks Wiederwahl im Herbst aus.

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