Parteiversagen

K-Frage in Wildwestmanier: Was ist nur in die Union gefahren?

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PICTURE ALLIANCE/DPA | MICHAEL KAPPELER; AP POOL | MARKUS SCHREIBER
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PICTURE ALLIANCE/DPA | MICHAEL KAPPELER; AP POOL | MARKUS SCHREIBER

Parteiversagen

K-Frage in Wildwestmanier: Was ist nur in die Union gefahren?

Das Söder-Laschet-Spektakel von CDU und CSU ist ein weiterer Tiefpunkt im Verhältnis der beiden Unionsparteien. Die sogenannte Gemeinsamkeit hat sich als Schimäre erwiesen. Es sind schlichtweg zwei Parteien, die um die Wählergunst konkurrieren.

Die CSU tritt zwar – noch – nicht bundesweit an, ihr Gedankengut verteilt sich aber über das ganze Bundesgebiet. Das hat bei der Flüchtlingskrise begonnen und setzt sich jetzt in der bundesweiten Unterstützung vieler CDU-Wähler für den CSU-Vorsitzenden Markus Söder in der Kanzlerkandidatenfrage fort.

Die Union-Ära Merkel endet im Chaos. Das Merkel-Projekt, die Trennung von Kanzlerschaft und CDU-Bundesvorsitz während der letzten Monate ihrer Kanzlerin-Ära, ist krachend gescheitert: Zunächst eine überforderte neue CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer, dann nach deren überstürztem Rücktritt ein die Öffentlichkeit bislang nicht überzeugender neuer Vorsitzender Armin Laschet. Ein Mann mit großem Ego, aber immer miserableren Umfragewerten – selbst in seiner eigenen Partei und auch als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Angela Merkel, eine Kanzlerin, die in der Covid-Pandemie mit ihren Vorhersagen immer richtiglag, der aber die Ministerpräsidenten – auch die der CDU, also auch Laschet – auf der Nase herumtanzten und eigene Wege gingen. Merkel selbst, die Unions-Kanzlerin, sieht dem Treiben um ihre Nachfolge fast teilnahmslos zu. Es war ein komplettes Politikversagen aller Union-Führungskräfte.

Nur einer gab sich vordergründig als Merkel-Fan: CSU-Chef Markus Söder. Er wollte damit Laschet schwächen, spielte sich als Lockdown-Hardliner auf, obwohl die Inzidenzwerte in Bayern zu den schlechtesten gehören und die Umfragewerte der CSU in Bayern gerade abstürzen – zu viel der Korruption und Habgier von CSU-Granden wie Alfred Sauter und Georg Nüßlein. Das Vertrauen in die Politik überhaupt sank dramatisch. Sollte Söder der Kandidat werden, wird er mit diesen CSU-Korruptionsfällen immer wieder konfrontiert werden.

Doch Söder hat wie Laschet ebenfalls ein großes – wenn nicht noch größeres – Ego, und er ist skrupellos und gerissen, wie seine Wendungen in der Flüchtlingskrise und nun sein Taktieren in der Kandidatenfrage zeigen.

Dieser Gerissenheit war die CDU-Führung nicht gewachsen. Sie tappte in Söders Falle, hatte dieser doch großzügig seinen Rückzieher erklärt, sollte die CDU ihn nicht als Kandidaten wollen. Er meinte damit aber eben nicht nur die CDU-Führungsgremien, sondern die gesamte Partei, von der Bundestagsfraktion bis zu den Landesverbänden der CDU.

Zwei Ego-Züge rasten aufeinander zu und konnten nicht gestoppt werden. Dass die Gremien von CDU und CSU und besonders die Generalsekretäre beider Parteien diese Züge nicht stoppen konnten, kein Verfahren zur Kandidatensuche entwickelten, das ist ein weiteres Trauerspiel und ohne Beispiel in der Unions-Geschichte. Es ist schlichtweg Parteiversagen.

Egal, wer jetzt als Sieger bekanntgegeben wird, diese missratene Kandidaten-Kür wird das Verhältnis der beiden Unionsparteien erst einmal belasten. Ob sie daher im Wahlkampf auf einer Linie sein werden, ist nicht ausgemacht, aber es ist die einzige Chance, noch einmal den Kanzler zustellen. Sollte das nicht gelingen, dürfte es bei der Union Hauen und Stechen geben. Die Einheit wäre in Gefahr. Die Parteigremien und die Bundestagsfraktion wären geschwächt.

Söder oder Laschet haben also nur eine Aufgabe zu erfüllen: Sie müssen Kanzler werden.

Nach dieser misslungenen Kandidaten-Kür ist die Aufgabe nicht einfacher geworden. Die Grünen Annalena Baerbock oder Robert Habeck könnten der Union noch einen dicken Strich durch die Rechnung machen.

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