Widerstand

Editorial des Verlegers

19
07
19
07

Widerstand

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

Martin Walser hat einmal den historisch absurden bis verzweifelten, in einem literarischen Sinne aber genial hoffnungsvollen Gedanken geäußert, er lese jedes Jahr aufs Neue Joachim Fests großes Buch „Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli“ – und jedes Mal spüre er während der Lektüre die Hoffnung, „dieses Mal“ könnte das Attentat doch gelingen.

Auch ich kann kaum genug von den Geschichten aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus lesen, und auch ich lese zugleich mit Bitterkeit und vorsichtig aufwallender retrospektiver Hoffnung aufgrund der Tatsache, dass es eben doch auch mutige Frauen und Männer gab, die sich unter größten Gefahren für Leib und Leben für andere und gegen ein Verbrecherregime eingesetzt haben.

Und dann fiel mir vor wenigen Wochen das neue Buch von Wolfgang Benz in die Hände. Der langjährige Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin erzählt in „Protest und Menschlichkeit“ (Reclam) die Geschichte von Ruth Andreas-Friedrich und Leo Borchard und „Onkel Emil“, einer ganz besonderen Widerstandsgruppe. Bei der Lektüre erlebt man wechselhaft all jene beschriebenen Gemütszustände in besonders verdichteter Form: Glück, Trauer, Hoffnung und Verzweiflung.

Zum inoffiziellen Jahrestag des deutschen Widerstands am 20. Juli erinnert Benz im Hauptstadtbrief am Sonntag an jene Gruppe mutiger Frauen und Männer, deren „gleichberechtigtes Miteinander von Juden und Nichtjuden“ die Gruppe „beispiellos in der Geschichte des Widerstands gegen Hitler“ mache. Das ist bewegende Lektüre, die ich Ihnen allen ans Herz legen möchte.

Im zweiten Beitrag des Hauptstadtbriefs erklärt die Bürgerrechtlerin und Publizistin Katharina Nocun in einer gestochen scharfen Analyse, warum viele Menschen, nicht nur, aber vor allem zu Zeiten von Corona, so sehr an Verschwörungserzählungen glauben, die heute vor allem aus dem rechtsextremen Lager kommen. Gemeinsam mit Pia Lamberty hat sie ein sehr intelligentes Buch zum Thema geschrieben: „Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“ (Quadriga Verlag).

Mehr Analysen und Hintergrundberichte können Sie ab morgen in der neuen Ausgabe der German Times lesen.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich bis zur nächsten Woche

Ihr Detlef Prinz

Weitere Artikel dieser Ausgabe