Ein gefährliches Spiel: Eskalation im Südchinesischen Meer

Ein gefährliches Spiel: Eskalation im Südchinesischen Meer

Redaktion

International

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Die Lage im Südchinesischen Meer spitzt sich erneut dramatisch zu. Gestern kam es zu einer direkten Konfrontation zwischen Schiffen der chinesischen Küstenwache und philippinischen Versorgungsschiffen. Der Vorfall ereignete sich in der Nähe des Second Thomas Shoal, einem strategisch wichtigen, aber umstrittenen Riff.

Nach Angaben der philippinischen Regierung versuchten ihre Schiffe, die auf dem Riff stationierten Soldaten mit Lebensmitteln und Material zu versorgen. Dabei seien sie von chinesischen Schiffen aggressiv abgedrängt und mit Wasserwerfern attackiert worden. Manila spricht von einer „gefährlichen und unverantwortlichen Provokation“.

China hingegen verteidigt sein Vorgehen. Aus Peking heißt es, die philippinischen Schiffe seien illegal in chinesische Hoheitsgewässer eingedrungen. Die Maßnahmen der Küstenwache seien „professionell und zurückhaltend“ gewesen. Es ist ein klassischer Fall von zwei völlig gegensätzlichen Darstellungen.

Was macht die Situation so brisant? Das Second Thomas Shoal liegt innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen, wird aber von China beansprucht. Die Philippinen haben dort vor Jahren ein altes Kriegsschiff auf Grund laufen lassen, das als bemannter Außenposten dient. Ein Symbol des Widerstands gegen Chinas expansive Ansprüche.

Dieser Vorfall ist kein Einzelfall. In den letzten Monaten hat die Zahl solcher Konfrontationen stetig zugenommen. Beobachter werten dies als Teil von Chinas Strategie, seine Kontrolle über das strategisch wichtige Meeresgebiet schrittweise auszubauen und andere Anrainerstaaten einzuschüchtern.

Internationale Reaktionen

  • USA: Die Vereinigten Staaten, ein enger Verbündeter der Philippinen, verurteilten das Vorgehen Chinas scharf und bekräftigten ihre Beistandsverpflichtungen.
  • EU: Die Europäische Union rief beide Seiten zur Deeskalation und zur Einhaltung des Völkerrechts auf.
  • ASEAN: Der Verband Südostasiatischer Nationen zeigte sich besorgt und drängte auf eine schnelle Umsetzung eines Verhaltenskodex für das Südchinesische Meer.

Die Welt blickt mit Sorge auf die Region. Das Südchinesische Meer ist nicht nur reich an Fischgründen und vermuteten Rohstoffvorkommen. Es ist auch eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt. Eine militärische Eskalation hätte unkalkulierbare Folgen für die globale Wirtschaft.

Die Frage ist, wie weit China bereit ist zu gehen. Und wie die internationale Gemeinschaft darauf reagieren wird.

Nützliches Wissen: Der Konflikt im Südchinesischen Meer

Der Streit um das Südchinesische Meer ist einer der komplexesten und potenziell gefährlichsten geopolitischen Konflikte unserer Zeit. Er ist eine Mischung aus historischen Ansprüchen, wirtschaftlichen Interessen und strategischem Machtpoker.

Worum geht es bei dem Konflikt?

Im Kern geht es um Gebietsansprüche. China beansprucht mit seiner sogenannten „Neun-Striche-Linie“ rund 80 Prozent des Meeres für sich. Dieser Anspruch überschneidet sich mit den ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) von Vietnam, den Philippinen, Malaysia, Brunei und Taiwan.

Diese Länder berufen sich auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ), das ihnen eine 200-Meilen-Zone vor ihrer Küste zuspricht. Ein internationales Schiedsgericht in Den Haag erklärte Chinas Ansprüche 2016 für völkerrechtswidrig. China ignoriert dieses Urteil bis heute.

Warum ist die Region so wichtig?

Die Bedeutung des Südchinesischen Meeres lässt sich in drei Punkten zusammenfassen:

  • Wirtschaft: Ein Drittel des weltweiten Seehandels wird durch diese Gewässer abgewickelt. Zudem werden dort riesige Öl- und Gasvorkommen vermutet.
  • Geostrategie: Wer das Meer kontrolliert, kontrolliert eine lebenswichtige Ader der Weltwirtschaft und hat eine militärisch dominante Position in Südostasien.
  • Ressourcen: Die Region beherbergt einige der reichsten Fischgründe der Welt, die für die Ernährungssicherheit vieler Anrainerstaaten essenziell sind.
AkteurHauptanspruch / PositionVerbündeter
ChinaBeansprucht fast das gesamte Gebiet („Neun-Striche-Linie“)
PhilippinenBeruft sich auf seine AWZ und das SchiedsgerichtsurteilUSA
VietnamBeansprucht Paracel- und Spratly-Inseln(Rüstet auf)
USABesteht auf Freiheit der Schifffahrt, kein GebietsanspruchPhilippinen, Japan, Australien
ASEANStrebt nach einer diplomatischen Lösung und einem Verhaltenskodex

Chinas Strategie der „grauen Zone“

China vermeidet eine offene militärische Konfrontation. Stattdessen setzt es auf eine Taktik der kleinen Schritte, auch „Salami-Taktik“ oder „Grauzonen-Kriegsführung“ genannt. Dazu gehört:

  • Der Bau künstlicher Inseln und deren Militarisierung.
  • Der Einsatz der Küstenwache und sogenannter „maritimer Milizen“ (getarnte Fischerboote), um andere Schiffe zu bedrängen.
  • Die schrittweise Verdrängung anderer Nationen aus den von ihnen beanspruchten Gebieten.

Diese Strategie macht es für andere Länder schwer, angemessen zu reagieren, ohne eine militärische Eskalation zu riskieren. Jeder Vorfall für sich genommen scheint klein, doch in der Summe verändern sie die Realitäten vor Ort. Der jüngste Zwischenfall mit den philippinischen Schiffen ist ein weiteres Beispiel für dieses gefährliche Vorgehen.

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