Der diskrete Charme der gelehrten Betrachtung

Editorial des Verlegers

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Der diskrete Charme der gelehrten Betrachtung

Editorial des Verlegers

Liebe Leserinnen und Leser,

wir wollen Ihnen in unseren Hauptstadtbriefen am Samstag und Sonntag jede Woche Analysen, Geschichten und wohlerwogene Meinungsstücke präsentieren, die nicht einfach die tagesaktuelle Berichterstattung aufgewärmt und verrührt verdoppeln oder mit aufgedrehter Lautstärke Kommentare abfeuern, die nach Aufmerksamkeit lechzen, in der Sache aber wenig bieten als eben dies: Lärm.

Tobias Singelnstein, der an der Universität Bochum Kriminologie lehrt, schreibt in dieser Ausgabe deswegen auch nicht über das Berliner Hickhack um Horst Seehofer und wie sich der Innenminister gerade politisch positioniert, wenn er bestimmte Gutachten befürwortet und andere ablehnt. Singelnstein erklärt hingegen wohltuend sachlich, welche Fragen sich in Sachen Rassismus in der Polizei wirklich stellen, was es, jenseits von pauschalisierender Verdammung und verharmlosender Abwiegelung, zu erforschen gilt.

Singelnstein beschreibt, was sich bei der Polizei in den vergangenen 20 Jahren verbessert hat – und welche Probleme der politischen Einstellung nicht zu leugnen sind. Der Kriminologe nutzt sein Fachwissen zu feiner und klarer Differenzierung – ja, Rechtsextremismus und Rassismus seien in der Polizei zu finden, dies hänge aber eben auch mit den Strukturen dieser Organisation zusammen, „mit ihrer Personalauswahl, mit Aufgaben und Tätigkeit der Polizei, mit ihrem Selbstverständnis und ihrer Kultur, mit fehlenden Räumen für Reflexion und Coaching, mit den Formen des Umgangs mit Fehlern“.

Im zweiten Beitrag dieses Hauptstadtbriefs geht es um die Deutsche Bank. Der Frankfurter Wirtschafts- und Sozialhistoriker Werner Plumpe schreibt aber nicht über die neuesten Skandale und Machenschaften oder über die bedauernswerte Ankündigung erneuter Stellenstreichungen. Plumpe, Träger des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik, erzählt vielmehr elegant auf engem Raum die 150-jährige Geschichte, durch zwei Weltkriege hindurch, von ihrem Aufstieg im Nachkriegsdeutschland und der Kulturveränderung, die in den 1970er-Jahren einsetzte – und ohne die der heutige, bedenkliche Zustand der Bank kaum zu verstehen ist.

Hinweisen darf ich an dieser Stelle mit besonderer Freude noch einmal auch auf die jüngste Ausgabe der German Times aus dem Hause Times Media/Prinz Medien. Die einzige englischsprachige Zeitung aus Deutschland erscheint anlässlich des 30. Jahrestages der Deutschen Einheit am Freitag, dem 2. Oktober.

Darin ruft der Herausgeber Theo Sommer in seinem Leitartikel Deutschland dazu auf, mehr Initiative für Europa zu übernehmen, Gemma Pörzgen erklärt die Zusammenhänge in Sachen Russland, Belarus und der EU, und Jonathan Lutes wartet mit einer bestechenden These in Sachen Cancel Culture auf.

Über den Stand der Deutschen Einheit schreiben Sabine Rennefanz, Wolfgang Engler und Martin Machowecz – und in der „Zeitung in der Zeitung“, der Berlin Times, schreibt Agnes Monka über das Jüdische Museum, Peter Köpf über 100 Jahre Berlin und Lorenz Maroldt über den „BEEEEER“ – gemeint ist natürlich der Berliner Flughafen.

Mit herzlichen Grüßen verbleibe ich also – bis Freitag

Ihr Detlef Prinz

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