Mehr Kompetenz

Kolumne | Auf den Zweiten Blick

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Mehr Kompetenz

Kolumne | Auf den Zweiten Blick

An der Quote könnte sich die Kanzlerfrage entscheiden. Auf dem CDU-Parteitag im November soll zwar zunächst über den Vorsitzenden und damit möglichen Kanzlerkandidaten entschieden und dann erst eine Debatte über die von der Parteispitze beschlossene Frauenquote geführt werden. Doch schon jetzt positionieren sich die Aspiranten auf den Spitzenjob: Röttgen will die Quote, Merz lehnt sie ab, Laschet schweigt. Die Quotenfrage ist damit – leider – zu einer strategischen Option geworden, möglichst viele Parteimitglieder hinter sich zu versammeln. Eine Herzensangelegenheit ist sie nicht.

Bemerkenswert ist, dass vehemente Quotengegner in der Union nicht nur auf Seiten der Männer, sondern auch der Frauen zu finden sind. Warum nur, würde gerade ihnen doch ein Beteiligungsquorum von 50 Prozent an den Gremien von der Kreisliga aufwärts zugutekommen? Dabei beruht die Ablehnung der Quote auf einem gängigen Missverständnis, das sich jüngst in der Überschrift eines Debattenbeitrags manifestierte: „Quote oder Kompetenz?“ stand da in tiefschwarzen Lettern. Kompetenz aber ist genau nicht die Alternative zur Quote. Denn Quote bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass bei gleicher Kompetenz Frauen so lange bevorzugt werden, bis sie zahlenmäßig mit den Männern gleichgezogen haben. Sie zwingt damit dazu, nach genau jenen Frauen zu suchen, die ungeachtet ihrer Kompetenz womöglich nicht von allein nach vorne drängen.

Kompetenz ist keine Frage des Geschlechts mehr. Frauen sind vielfach besser ausgebildet als Männer, und sie können – auch das haben Studien bewiesen – besser verhandeln, wenn auch nicht für sich, so doch in der Sache. Vielfalt hebt die Qualität in Entscheidungsgremien allein schon deshalb, weil nicht von vornherein auf Kompetenzen einer gesellschaftlichen Gruppe verzichtet wird, die bislang ausgeschlossen war. Im Gegenteil – sie sorgt logischerweise für deutlich mehr. „Mehr Kompetenz durch Quote“ hätte besagter Beitrag überschrieben sein müssen. Gerne auch mit einem Fragezeichen, wenn man darüber streiten möchte.

Völlig außer Acht bleibt in der Debatte übrigens, dass es derzeit fast überall eine Männerquote gibt, weil Erfolg noch immer an das Geschlecht gekoppelt ist. Männer, darunter entsprechend Gaußscher Normalverteilung auch reichlich Mittelmaß, kommen vor allem deshalb weiter als Frauen, weil sie Männer sind. Gleichberechtigung wäre tatsächlich erst dann erreicht, wenn Frauen die gleichen Chancen auf Schlüsselpositionen haben wie männliches Mittelmaß.

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